Landwirtschafts-Ehegatten als getrennte Unternehmer
Pauschallandwirt oder allgemeine Umsatzsteuerpflicht
Landwirtinnen und Landwirte können ihre umsatzsteuerpflichtigen Umsätze bei Vorliegen bestimmter Größen pauschal versteuern (Durchschnittssatzbesteuerung) oder auf Antrag auch nach den allgemeinen Regelungen ihre Umsatzsteuer-Voranmeldungen mit Vorsteuerabzug abgeben. Bei Überschreiten bestimmter Größenklassen wird die Regelbesteuerung zwingend (§ 24 Umsatzsteuergesetz/UStG). Der Europäische Gerichtshof/EuGH hat in der Entscheidung vom 24.3. 2022 RS C 697/20 Ehegatten, die einen gemeinsamen landwirtschaftlichen Betrieb führen, umsatzsteuerlich als zwei getrennte Betriebe angesehen. Jeder Ehegatte kann daher – sofern die gesetzlichen Voraussetzungen bei jedem der Ehegatten vorliegen – die Pauschalbesteuerung (Durchschnittssatzbesteuerung) oder die Umsatzbesteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes wählen.
Der Fall
Der EuGH-Entscheidung lag der Sachverhalt von zwei Landwirtschafts-Ehegatten zugrunde, die unter Verwendung von Wirtschaftsgütern, die beiden Ehegatten gemeinsam gehörten (Gesamtgut), zwei getrennte Landwirtschaftsbetriebe ausführten. Die Ehefrau war in der Aufzucht von Schlachthühnern tätig und verwendete dafür sechs gemeinsam mit ihrem Ehemann erworbene Hühnerställe. Der Ehemann war ebenfalls in diesem Bereich tätig, verwendete hierfür jedoch eigene Hühnerställe. Während die Ehefrau für die Normalbesteuerung nach den allgemeinen Vorschriften optierte und monatliche Umsatzsteuer-Voranmeldungen abgab, wollte der Ehemann weiterhin die Steuerbefreiung als Pauschallandwirt in Anspruch nehmen. Das Finanzamt und das erstinstanzliche Finanzgericht waren der Auffassung, dass bei einem Betrieb, der mehreren Personen zur Gesamthand gehört, nur eine Person aktiver Mehrwertsteuerpflichtiger sein kann.
EuGH-Urteil
Der EuGH widersprach dieser Auffassung. Optiert ein Ehegatte für die allgemeine Umsatzsteuerpflicht, verliert der andere Ehegatte nicht automatisch den Status als Pauschallandwirt, so der EuGH. Zum Verlust des Status als Pauschallandwirt würde es nur kommen, wenn Verdacht auf Steuermissbrauch besteht.
Stand: 29. August 2022