Biogasanlage - Vorsicht umsatzsteuerpflichtige Wärmeabgabe
Entnahmen und unentgeltliche Zuwendungen
Landwirtinnen und Landwirte, die kostenlose Wärmeabgaben aus Biogasanlagen an Dritte gewähren, sollten wissen, dass im Umsatzsteuerrecht unentgeltliche Zuwendungen oder auch Entnahmen aller Art einer „Lieferung gegen Entgelt“ gleichgestellt werden (§ 3 Abs. 1b Umsatzsteuergesetz/UStG). Im Streitfall wollte der klagende Landwirt, der eine Biogasanlage betreibt, gar keine Vergütung für die überschüssige Wärme seiner Anlage von den Nachbarn haben. Den erzeugten Strom speist er ins Netz ein und erhält vom Stromnetzbetreiber eine Vergütung. Die überschüssige Wärme überließ er zum Teil dem benachbarten Sägewerk zur Holztrocknung sowie dem benachbarten Spargelbauer zur Beheizung der Spargelfelder. Das Finanzamt forderte Umsatzsteuer nach. Es unterstellte eine steuerpflichtige Lieferung und berechnete die Wertabgaben nach den Selbstkosten.
Berechnungsmethode
Strittig ist die Berechnungsmethode für die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage im Rahmen des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG. Das Finanzgericht/FG Niedersachsen vertritt die Ansicht, dass sofern auf einen fiktiven Einkaufspreis abgestellt werden kann, dieser zu verwenden ist. Das wäre in Wärmelieferfällen aber nur dann der Fall, wenn der Unternehmer an ein Fernwärmenetz angeschlossen ist: Wenn ein (fiktiver) Einkaufspreis nicht feststellbar ist, sind die Selbstkosten als Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG anzusetzen (Urteil vom 19.9.2019, 11 K 195/17, gegen dieses Urteil ist eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof/BFH anhängig, BFH-Az. XI B 104/199).
Andere Verfahren
Unter dem Aktenzeichen XI R 31/19 ist beim BFH derzeit ein weiterer Rechtsstreit betreffend Biogasanlagen anhängig. In dem Verfahren geht es um die Frage, ob die Bemessungsgrundlage der Abgabe von Wärme aus einer Biogasanlage nach der Marktwertmethode zu ermitteln ist oder ob die Selbstkosten im Verhältnis der erzeugten Mengen an elektrischer und thermischer Energien in der einheitlichen Messgröße kWh aufzuteilen sind (sog. energetische Aufteilungsmethode, Vorinstanz Finanzgericht/FG Münster Urteil vom 1.10.2019, 15 K 1050/16 U). Landwirtinnen und Landwirte sollten von einer unentgeltlichen Wärmeabgabe absehen und stattdessen lieber Lieferverträge mit entsprechender Preisvereinbarung abschließen.
Stand: 01. September 2020